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  Peter Hübner  •  Musik und Gehirn aus musikalischer Sicht  
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Die Urschwingung
der absoluten Tonsubstanz

 
                                   
 

Beim Musikschaffenden entsteht jeder Ton seines Musikwerkes auf der Ebene der absoluten Tonsubstanz, und dies bedeutet praktisch, dass im musikalischen Entstehungsprozess einer Komposition alle Töne jenseits von Raum und Zeit im absoluten Jetzt unmittelbar aufeinander bezogen sind.
Denn die Urschwingung der absoluten Tonsubstanz in seinem Geiste garantiert dem Musikschöpfer in seinem dynamischen musikalischen Schaffensprozess die Realität dieses absoluten Jetzt – der absoluten Gleichzeitigkeit, der vollkommenen Aufeinanderbezogenheit aller musikalischen Parameter – ohne irgendeine trennende Brücke von Raum und Zeit.

Innerhalb dieses integrierten Feldes der vollkommenen musikalischen Beziehungen lokalisiert der Hörer später dann auch die Welt der Harmonie.

Erheben sich die Töne aus der absoluten Tonsubstanz und dringen zu den integrierten Beziehungsräumen von Raum und Zeit vor, dann entsteht das musikalische Kräftefeld der Sequenzen – welche sowohl jenseits von Raum und Zeit in der Harmonie verankert sind, die sich gleichzeitig aber auch in einem integrierten Raum-Zeit-Verhältnis im Feld der räumlichen und zeitlichen musikalischen Evolution entfalten.

So nehmen die Sequenzen in der musikalischen Komposition zwischen der im absoluten Jetzt fließenden unendlichen Harmonie und den im Felde von Raum und Zeit sich bewegenden Motiven eine vermittelnde Stellung ein. Dabei tragen die Sequenzen die Qualitäten des absoluten Jetzt unermüdlich in die musikalische Welt von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

So entfalten sie – von der absoluten Ebene der Harmonie her – über ihre Kinder, die Motive, im musikalischen Tonraum die Sphären der klingenden Musik.

Beim tonalen Erfassen des Musikwerkes kommt es sehr darauf an, dass die Schwingung der absoluten Tonsubstanz vom Hörer im Musikwerk lokalisiert wird.
Und dieses Erkennen wird dadurch begünstigt, dass schon der Musiker das klingende Musikwerk unmittelbar auf dieser kosmischen Schwingung aufbaut.

Nur die Erkenntnis der absoluten Tonsubstanz ermöglicht uns Hörern die persönliche Einsicht in die inneren musikalischen Erkenntnisfelder.

Die Wahrnehmung der absoluten Tonsubstanz auf der Ebene des Geistes stellt für den Musikschaffenden, aber auch genausogut für uns Musikhörer den goldenen Zauberschlüssel zur musikalischen Erkenntnisgewinnung dar.
Und wer einmal die Erfahrung der absoluten Tonsubstanz gemacht hat, der weiß, dass dieser Schlüssel sehr praktischer Art ist.

Die Erkenntnis der absoluten Tonsubstanz, das bedeutet: die Identifikation des individuellen Geistes mit der umfassenden Grundschwingung der Harmonie beziehungsweise mit der Grundschwingung des kosmischen Denkens, versetzt unseren Geist in die Lage, integriert zu analysieren und zu synthetisieren-integriert zu verstehen und zu fühlen – und so die inneren musikalischen Erkenntnisfelder der Motive und Sequenzen, aber auch diejenigen der Töne und das unendliche Feld der Harmonie gleichzeitig – sowohl innerhalb von Raum und Zeit als auch jenseits von Raum und Zeit – zu erfahren und zu erfassen.

Außerdem regt die Wahrnehmung der absoluten Tonsubstanz unseren Intellekt wie auch unseren Gehörsinn an, mit dieser vollkommenen Grundschwingung der Harmonie zu schwingen, und erzeugt so in diesen unseren Erkenntniswerkzeugen einen Zustand der ruhevollen Wachheit.

Diese ruhevolle Wachheit wiederum versetzt sowohl unseren doppelt erkennenden Intellekt, unseren fühlenden und unseren verstehenden Intellekt, als auch unseren Gehörsinn in die Lage, den musikalischen Sinn unmittelbar zu erfassen und zu erleben.
Sie ermöglicht es unseren Erkenntniswerkzeugen, sowohl auf der Ebene des absoluten Jetzt – also jenseits von Raum und Zeit – und genausogut innerhalb von Raum und Zeit – also im relativen Gestern, Heute und Morgen – den musikalischen Entwicklungsprozess als vielfältige Einheit zu erfahren.

Die ruhevolle Wachheit ermöglicht unseren Erkenntniswerkzeugen jedoch auch ein Schauen der musikalischen Wahrheitsentfaltung aus dem Abstand heraus, indem sowohl unser Intellekt als auch unser Gehörsinn den relativen Prozess der musikalischen Entfaltung aus ihren eigenen erhöhten Erkenntnisbereichen des absoluten Jetzt heraus erkennen, so, wie ein Taucher vom Meeresgrund aus – aus der Stille heraus – die Wellen der Wasseroberfläche schaut, ohne dabei selbst von dem Wellengang berührt zu werden.

Erst die Integration der tiefen Stille und der vollständigen Belebung, welche die Wahrnehmung der Grundschwingung der absoluten Tonsubstanz den musikalischen Erkenntniswerkzeugen ermöglicht, versetzt uns Hörer in die Lage, die inneren Kräftefelder der Musik – welche wohl schwingen, nicht jedoch klingen – auf einer höheren Erkenntnisebene als derjenigen des Tons zu erfassen.

Zum Bereich der reinen musikalischen Wirklichkeitserfassung zählen: das äußere Hören, das innere Hören und dabei: das (innere) Erkennen der musikalischen Parameter: Ton, Motiv, Sequenz, Harmonie.
Das Erkennen dieser musikalischen Parameter geschieht in bezug auf den musikalischen Tonraum durch unser inneres Gehör und in bezug auf den Motivraum, den Sequenzraum und den Harmonieraum mittels unseres Intellekts, mittels unseres Gefühls und unseres Verstandes.

Die äußere Wahrnehmung betrifft unser Wahrnehmen der Töne im akustischen Raum, also die Wahrnehmung des von außen an uns Hörer herangetragenen Musikereignisses.

Das strukturelle Erfassen des musikalischen Tonraums mit unserem inneren Gehör ist an die Klarheit der Abbildung des Tons in unserem Geiste gebunden und ist demnach erst einmal von der Funktionsfähigkeit unseres Geistes abhängig.
Es ist aber auch abhängig von der sensiblen Wahrnehmungsfähigkeit unseres inneren Gehörsinns – von dessen Wachheit.

Das strukturelle Erfassen des musikalischen Motivraums ist von einer noch exakteren Geistesfunktion abhängig; denn diese bestimmt ja die Genauigkeit der tonal-strukturellen Abbildung, welche die Motivabbildungen enthält.

Sodann ist das Erfassen des musikalischen Motivraums von der Erkenntnisfähigkeit unseres Intellekts abhängig, denn dieser ist es, welcher mit Hilfe unseres analysierenden Verstandes im Motivraum die Motiventfaltungen ermittelt und mit Hilfe unseres synthetisierenden Gefühls diese Motiventfaltungen als zusammenhängende Melodie erkennt – als Einheit der Motiventwicklung.

Das strukturelle Erfassen des musikalischen Melodieraumes basiert auf einer noch leistungsstärkeren Geistesfunktion; denn zum Erfassen der Melodie muss die Tonstruktur auf unserer Geistesoberfläche noch genauer abgebildet sein, und die Tonparameter müssen in ihrem Aufeinanderbezogensein vollständig erkannt werden, damit wir die vielfältigen verschiedenen Motiventwicklungen ganzheitlich erfassen können – als Einheit und gleichzeitig als voneinander Unterschiedenes.

Erst das differenzierte und gleichzeitig integrierte Erfassen der Motiventwicklungen mit Gefühl und Verstand ermöglicht das Erkennen der Melodien und bedeutet dann: das musikalische Erfassen der Abbildung eines individuellen Lebensweges.

Streben wir jedoch an, in der Musik mehrere Lebenswege gleichzeitig zu erfassen, so müssen wir dies von einer höheren Erkenntnisstufe aus vornehmen; denn wir müssen nicht nur einen einzigen dargestellten individuellen Entwicklungsgang erkennen und erleben, sondern mehrere bis viele gleichzeitig.

Und der geheimnisvolle Reiz dieser musikalischen Erkenntnisstufe liegt nicht so sehr im nur äußeren Betrachten oder Verstehen von charakterlichen Entwicklungen sowie von darauf aufbauenden Lebenswegen, sondern er liegt ganz besonders in dem persönlichen gleichzeitigen Erleben vieler verschiedener Wege der individuellen menschlichen Vollendung.

In den Musikräumen der Sequenzen können wir die Erfahrung machen, ganz verschiedene Leben gleichzeitig zu durchleben und dabei persönlich ganz verschiedene Lebenswege gleichzeitig zu beschreiten – als ein und derselbe können wir uns in unserem Erleben gleichzeitig in ganz unterschiedlichen Körpern und unter Anwendung ganz verschiedener Verhaltensmechanismen bewegen.

Die Welt der Harmonie jedoch bietet uns das persönliche Erlebnis einer unendlichen Vielfalt gleichzeitig miteinander gelebter Leben, welche sich vor unserem geistigen Auge und innerhalb unseres gesamten Empfindens bewegen wie leuchtende Gestirne auf freien Bahnen.
Und jedes dieser Gestirne sind wir selbst; und jede einzelne Bahn ist unser eigener ganz individueller Lebensweg; und dieses Erleben ist in diesem höchsten Stadium unseres Musikhörens, unserer musikalischen Wahrheitserkenntnis, unsere ganz persönliche Wahrheit.

Mit seinem Musikwerk verbindet der klassische Tondichter eine ganz bestimmte Absicht: er will seinen Hörer schrittweise mit der befreienden Welt der Selbstbewusstheit bekannt machen; und er erreicht dies, indem er den musikalischen Fortgang so gestaltet, dass sein Hörer schrittweise – vom musikalischen Tonraum ausgehend – über die Motiv- und Sequenzräume in den unendlichen Raum der Harmonie geführt wird.

Hat der Hörer diesen unbegrenzten Musikraum der Harmonie erreicht, so ist er auch gleichzeitig bei sich selbst angelangt und hat die dynamische musikalische Fülle seiner eigenen Selbstbewusstheit lokalisiert.

Der Zweck des klassischen Musikwerkes liegt also in der Verherrlichung der Selbstbewusstheit – des natürlichen Schaffensfeldes der Tondichter; und die Absicht des Musikschöpfers liegt darin, den Hörer mit der Erfahrung der reinen Selbstbewusstheit bekannt zu machen. Hierzu bedient er sich des Mittels der Musik.

Deshalb verfolgt der Musikschaffende einen ganz unbeirrten Weg. Er führt den Hörer durch die Schönheit der Welt und bringt ihm die Harmonie, nach welcher die Welt ursprünglich geordnet ist, näher.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
                                   
                               
                                   
  Mit freundlicher Genehmigung von AAR EDITION INTERNATIONAL
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 Die Harmoniegesetze
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 Die Bedeutung der Seele  für die Medizin
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